Lüneburger Bürgermeister unter Beschuss

Die Links-Partei kritisiert Äußerungen von Dr. Gerhard Scharf über den Umgang mit einem Gedenkstein

Lüneburg, 10.01.2018 - Der Lüneburger Bürgermeister Dr. Gerhard Scharf ist bei der hiesigen Links-Partei schwer in die Kritik geraten. In einem Youtube-Video äußert er sich über den Umgang mit dem umstrittenen Gedenkstein für die 110. Infanterie-Division in der Straße Am Springintgut. Die Linken kritisieren diese Äußerungen, sie werfen ihm Verharmlosung und Instrumentalisierung der Opfer von Nazi-Verbrechen in der weißrussischen Stadt Osaritschi vor, an denen die Division im Zweiten Weltkrieg beteiligt war. Pikant an dem Vorgang: Das Video wurde von einem rechten Internetblogger erstellt, der zufällig auf Dr. Scharf stieß und dem dessen Identität auch nicht bekannt war.

"Wir haben uns mit einem Brief an Bürgermeister Scharf gewandt und ihn aufgefordert, zu seinen untragbaren Äußerungen Stellung zu beziehen. Gegenüber dem rechtsradikalen Internetblogger vernachlässigte Herr Scharf die grausamen Taten, die Lüneburger Wehrmachtssoldaten an der weißrussischen Zivilbevölkerung begangen haben", sagt David Amri, Ratsmitglied der Lüneburger Linken, in einer gestern verteilten Pressemitteilung. 

Die Linken kritisieren auch eine "romantisierende Darstellung von Zwangsarbeit im Nationalsozialismus und fehlende Wertschätzung der aufarbeitenden historischen Tätigkeiten von Opferverbänden". Dies zeuge von einem gefährlichen Geschichtsverständnis, "das eines Bürgermeisters nicht würdig ist". 

Scharf äußert sich ausführlich gegenüber dem Internetblogger, mit dem er offenkundig zufällig vor dem Gedenkstein zusammentraf und den er zuvor auch nicht kannte, über den Umgang mit dem Gedenkstein und über die Frage der Auseinandersetzung mit den Taten der Nationalsozialisten und der Wehrmacht. Scharf, der in Lüneburg seit vielen Jahren politisch in der CDU aktiv ist und gegenwärtig einen der drei Bürgermeister-Posten innehat, hat sich auch bislang stets für eine kritische Aufarbeitung dieses Teils der deutschen Geschichte eingesetzt. Anders als die Linken aber plädiert er für den Erhalt dieses und anderer Gedenksteine als Teile dieser Geschichte, an denen die Aufarbeitung gegenständlich stattfinden könne. Zur Kritik der Linken selbst wollte Scharf sich nicht äußern. 

Die Linken fordern hingegen ein Umsteuern in der Gedenkkultur der Stadt Lüneburg. Die Stadt brauche "eine Gedenkkultur, welche gegen den Krieg mahnt, indem sie die Opfer und nicht die Täter von Kriegsverbrechen in den Mittelpunkt stellt. Diese Forderung als Dummheit zu bezeichnen – wie von Herrn Scharf getan - ist ein Schlag ins Gesicht gegenüber allen, die unter Kriegen gelitten haben."sagt Thorben Peters, Kreisvorsitzender der Linken in Lüneburg. 

Gesprächspartner von Dr. Scharf war der unter dem Namen "Volkslehrer" agierende Blogger und ehemalige Grundschullehrer, der aktuell wegen seiner Suspendierung vom Dienst und einer Anzeige wegen Volksverhetzung bundesweit Schlagzeilen macht.