Unterrichts-Kritik per Knopfdruck

Schüler sollen ihre Lehrer künftig mittels App bewerten

Lüneburg, 14.03.2015 - Das Tippen auf dem Smartphone während des Unterrichts soll Schülern künftig nicht nur erlaubt sein, es ist sogar ausdrücklich erwünscht. Das jedenfalls wollen Bildungs- und Spieleforscher der Leuphana Universität Lüneburg, allerdings nur für eine von ihr entwickelte App. Diese sieht vor, Schülern den Unterricht ihrer Lehrer in Echtzeit bewerten zu lassen. Hintergrund dieser abenteuerlich anmutenden Idee: In Deutschland sind Lehrer gesetzlich verpflichtet, ihren Unterricht zu evaluieren.

Die neue App ermöglicht Einschätzungen etwa des Klassenklimas, der Arbeitstechniken, der Unterrichtsinhalte oder der Leistungsbewertung. Dabei greift sie auf vorgegebene, von Experten entwickelte Fragebögen zurück. Die Schüler geben auf einer Skala den Grad ihrer Zustimmung zu Aussagen wie "Ich fühle mich respektiert und ernstgenommen“ oder "Ich traue mich, eigene Beiträge zu liefern“ an.

Die Befragungen sind "gamifiziert", das heißt, sie setzen Elemente aus dem Spielebereich ein: unter anderem sind das Fortschrittsbalken, Echtzeit-Feedback und Level zur Motivation. Die Ergebnisse werden unmittelbar zu einem Stimmungsbild der Klasse zusammengefasst und grafisch aufbereitet. Die Lehrer könnten so Problemfelder sofort erkennen. Passgenaue Empfehlungen und Materialien für den Unterricht sollen dann künftig die Reaktion auf Probleme erleichtern. 

"Setzt man dafür traditionelle Fragebögen ein, bedeute das aber einen hohen Verwaltungsaufwand. Außerdem seien die Schüler für den Einsatz von Stift und Papier nur schwer zu motivieren", heißt es dazu seitens der Leuphana.

Die neue Anwendung soll aber nicht nur den Lehrern helfen. Wissenschaftliche Untersuchungen der Leuphana zeigten, dass der direkte Austausch zwischen Lehrern und Schülern auf diesem Weg den Lernerfolg direkt verbessere. "Schüler sind schließlich Experten für ihren Lernprozess. Moderner Unterricht sollte deshalb ihre Perspektive aktiv mit einbeziehen“, erklärt Lehrer Sebastian Waack. Er hatte die Idee, das neue Produkt zu vermarkten, und gründete dafür die Firma Edkimo. Der Leuphana Business Accelerator unterstützt sein Start-Up für ein Jahr.

Wissenschaftlich begleitet hat die Gründung das Gamification Lab am Centre for Digital Cultures der Leuphana. Aktuelle Erkenntnisse aus der Spiele-Forschung flossen in die Entwicklung ein. "Die Integration spielerischer Elemente umfasst immer mehr Lebensbereiche - Wirtschaft, Kunst, Politik und Bildung. Vor allem für junge Menschen ist sie ein maßgeblicher Faktor für den Lernerfolg“, erklärt Professor Mathias Fuchs, Leiter des Gamification Lab der Leuphana.

Derzeit wird die Feedback-Anwendung an drei Pilotschulen in Niedersachsen, Hessen und Berlin getestet. Die ersten Reaktionen seien positiv, so die Leuphana.